Ein Ort im Wandel

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Einweihung der HERBSTGOLD-Skulpturen von Alfredo Barsuglia und Manfred Bockelmann (Kurator: Vitus Weh) im Rahmen der gärtnerischen Neugestaltung des Vorplatzes von Schloss Esterházy und des Sgraffitos von Claudia Plank und Hans Werner Poschauko in Eisenstadt

Leidenschaft erzeugt Veränderung. Sie ist eine Energie, die ekstatische Freude, Bewegung und Wachstum, aber ebenso Krisen, Krieg und Zerstörung bringen kann. Jüngste Beispiele hierfür sind leidvoll präsent: Die weltweite Mobilität befeuerte die Ausbreitung der Corona-Pandemie, der ideologische Enthusiasmus für die imperiale Geschichte Russlands irrleitete seine politische Führung, die benachbarte Ukraine mit Krieg zu überziehen, das Wachstum der Weltbevölkerung und Wirtschaftsleistung beschert uns einen katastrophalen Klimawandel. 

Von dieser Ambivalenz der Leidenschaft sind auch die diesjährigen HERBSTGOLD-Kunstprojekte durchdrungen. Sie reagieren auf die aktuelle Polykrise gleichsam polyphonisch. 

Die auf bis zu vier Jahre angelegte gärtnerische Umgestaltung des Vorplatzes findet unter Einbeziehung des Klimawandels statt. Anstelle saisonaler Blumenkreise im dauergrünen Parterre-Rasen schwingen nun amorphe Staudenbeete über den an sich trockenen Standort. Die Umgestaltung ist das Ergebnis eines Ideenwettbewerbs, zu dem Esterhazy Immobilien unter Leitung von DI Marco Klebel Schülerinnen und Schüler der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau (HBLFA) und Österreichische Bundesgärten eingeladen hatte. Den Zuschlag erhielten Flora Schmudermayer, Raphaela Tröbinger und Michael Meindl (weitere Informationen hierzu auf Anfrage).

Der Künstler Alfredo Barsuglia (*1980 in Graz) hat für die neue Platzgestaltung die Holzbänke und -liegen entworfen und als „Sternenruhefeld“ diese mit fünf „Sternenluster“ versehen. Jede dieser Lichtskulpturen trägt an der Mastspitze eine Konstellation unterschiedlicher Glühbirnen, die bei Tag als bunte Punkte ersichtlich sind und in der Nacht leuchten. In ihrer modernistischen Machart knüpfen sie an die vom „Sputnikschock“ (1957) inspirierten Lampen der 50er und 60er Jahre und den berühmten Lobmeyr-Luster der New Yorker Metropolitan Oper (Rath, 1963) an. Die unterschiedlichen Formen der Sternenhaufen öffnen Assoziationen von astronomischen Ereignissen bis hin zu direkten politischen Metaphern: Ein Komet rast dahin, ein roter Riese bläht sich auf, eine Balkengalaxie wirbelt mit ihren Armen, rote Sterne dringen in ein blau-gelbes System (siehe Bild), ein schwarzes Loch saugt alles an. Jeder Sternenluster ist zusätzlich mit einem kleinen Klangspiel bestückt, das bei Wind das Sternenfeld leise zum Klingen bringt. Der Künstler referenziert damit sowohl auf die antike Vorstellung einer „Himmelsharmonie“ (siehe auch das Musikwerk „Harmonia Caelestis“ von Fürst Paul I aus dem Jahr 1701) als auch auf die autopoetische „Windorgel“, die sich nach neuen Forschungsergebnissen von Margit Kopp einst in einem Turm von Schloss Esterházy befand.

Ebenso mit Wind arbeitet das Kunstobjekt von Manfred Bockelmann (*1943 in Klagenfurt). Der renommierte Künstler hat für die elf Fahnenmasten, die seit Jahren ungenutzt auf dem Vorplatz am Rand zur Innenstadt stehen, das Projekt „EN PASSANT“ entwickelt. Es besteht aus elf einzelnen Fahnen, die sich – bei günstigem Wind – zu einem Großformat fügen. Zu sehen ist dann das Bild einer Massenbewegung (Menschen-Chiffren auf weißem Grund). Wohin aber all diese Menschen streben, ist bildlich offengelassen. Dazu der Künstler: „Die letzten Jahre sind geprägt durch katastrophale Ereignisse. Der Klimawandel und die kriegerischen Auseinandersetzungen münden in enorme Fluchtbewegungen. Angelehnt an ein berühmtes Diktum von Ingeborg Bachmann – ‚Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar‘ – fasst mein Fahnenprojekt diesen Umstand in ein flatterndes Bild, das sich vor unseren Augen Stück für Stück zusammensetzt.“ (Kurzinformationen zu Alfredo Barsuglia und Manfred Bockelmann folgen unten.)

Als drittes Kunstobjekt am Bau wird am 11. September 2022 „Tanz der Pfirsichblüte“ von Claudia Plank und Werner Poschauko eingeweiht. Das rosafarbene Sgraffito im öffentlichen Durchgang Bankgasse 1 – 3 erinnert an den fürstlichen Obstgarten, der hier einst bestand. Zugleich ist das Werk die prachtvolle Fassade eines ungewöhnlichen Ausstellungsraums: Der TANZPASSAGE Eisenstadt. Neben dem permanenten Sgraffito wird es dort zukünftig zweimal jährlich wechselnde Ausstellungen geben, den Anfang macht der Künstler Christoph Holzeis, der unter dem Titel „Gestern Nacht hat jemand schön getanzt“ drei berückende Bühnenbilder zeigt.

Der benachbarte Kunstverein Eisenstadt eröffnet zeitgleich die neue Ausstellung „GEISTERPOP/ULATION im Dialog mit dem verlorenen Diesseits“ kuratiert von Barbara Horvath (Werke von: Thean Chie Chan, Iris Dittler, Sophie Dvořák, Mark Fridvalszki, Erich Gruber, Julia Haugeneder, Magdalena Kreinecker, Franza Maier, Evelyn Plaschg, Mathias Pöschl, Christian Schwarzwald, Šimon Sýkora, Marie Vermont, Letizia Werth).

Eröffnungsreigen KUNST: Sonntag, 11. September, 14 – 19 Uhr

Ab 14 Uhr: Eröffnung der Ausstellung „GEISTERPOP/ULATION im Dialog mit dem verlorenen Diesseits“ im Kunstverein Eisenstadt, Joseph-Haydn-Gasse 1

15:30 Uhr: Eröffnung der HERBSTGOLD-Skulpturen „Sternenfeld“ von Alfredo Barsuglia und „En Passant“ von Manfred Bockelmann am Vorplatz von Schloss Esterházy am Vorplatz von Schloss Esterhazy

16 Uhr: Eröffnung der neuen „Tanzpassage Eisenstadt“ (Durchgang in der Bankgasse 1-3 & im Foyer des Hotels Galántha) mit einem permanenten Sgraffito-Werk von Claudia Plank und Werner Poschauko sowie der Ausstellung „Gestern Nacht hat jemand schön getanzt“ von Christoph Holzeis

17 Uhr: Performance im Kunstverein Eisenstadt von CANTUS NOVUS Wien

Kunstverein Eisenstadt
Joseph-Haydn-Gasse 1 | Sa 11-17 Uhr, So 13-17 Uhr
www.kunstvereineisenstadt.at

HERBSTGOLD Kunst
Vorplatz von Schloss Esterházy | täglich 0–24 Uhr
www.esterhazy-now.at

Tanzpassage Eisenstadt
Bankgasse 1-3 | täglich 0–24 Uhr
www.tanzpassage.at

Alfredo Barsuglia ist für Kunstwerke im öffentlichen Raum bekannt, die zwischen Alltagsgegenstand und Künstlichkeit changieren. Seine HERBSTGOLD-Luster werden bis in das nächste Frühjahr den Vorplatz von Schloss Esterházy zum Leuchten und Klingen bringen.

Der bildende Künstler Manfred Bockelmann ist ein langjähriger Freund Julian Rachlins, dem Künstlerischen Leiter des HERBSTGOLD – Festivals, und hat ihn bereits auf mehreren Festivals künstlerisch begleitet. Für HERBSTGOLD 2022 hat er das Bild einer großen Menschen-Bewegung auf elf Fahnen aufgeteilt, die auf dem Vorplatz am Rand zur Innenstadt aufgezogen werden.